Hallo Strudel,
es tut mir fürchterlich leid, dass ich dich so lange habe auf eine Antwort warten lassen. Aber ich hab dich nicht vergessen.
strudel hat geschrieben:
Womit ist das zu rechtfertigen? Klar, alte Behördenweisheit: das war schon immer so. In den meisten Fällen ist es doch so, daß der Reiche qua Geburt reich sein wird (Hilton, Flick, Quant...), die "neuen Reichen" werden hauptsächlich die Kinder der Oberschicht sein.
Welchen Grund gibt es sonst noch dafür dass die Reichen reich sind?
Ich kann dir einen ganz eifachen Grund dafür nennen: Dass diese Leute reich sind und
dass sie es immernoch sind, ist Grund genug. Das verblüfft dich sicher ein wenig, aber schauen wir mal, wie dieses Thema heiβt! Rechnen wir ein wenig!
In Deutschland gibt es rund 120 000 Vermögensmillionäre. Sie gelten als die Reichen im Lande. Damit sind ihnen zwei Dinge ganz sicher: Neid und immer neue Begehrlichkeiten des Fiskus.
Wer glaubt, mit einer Million als Startkapital gut leben zu können, kennt das deutsche Steuerrecht schlecht.
Stellen wir uns den steuerehrlichen Herrn Michel vor, der eine Million erarbeitet oder geerbt hat. Vielleicht ist er ein Winzer, der sich zur Ruhe gesetzt und die Weinberge verkauft hat, vieleicht ist er ein in die Jahre gekommener Lehrer oder Programmierer.
Jedenfalls will Herr Michel, da er keine weiteren Einkünfte hat, von dieser Million leben. Er beschlieβt also, keine Segeljacht in Marbella und keine Villa im Tessin zu erwerben. Vielmehr legt er seine Million in fest verzinslichen Wertpapieren an. Für
Bundesobligationen sind derzeit wohl 5% Zinsen drin. Träumen wir mal davon, dass er eine Anlageform findet, die ihm 6.09% Zinsen bringt. Der Michel bekommt also 60900 Euro brutto im Jahr. Nun macht er seine Steuererklärung, verrechnet den Zinsabschlag mit seiner Einkommenssteuerbelastung, macht Freibeträge geltend, nutzt abzugsfähige Sonderausgaben und den Altersentlastungsbeitrag. Mit einigem Geschick reduziert er sein zu versteuerndes Einkommen so auf 45000 Euro. Darauf hat er dann knapp 10500 Euro Steuern zu zahlen. Es bleiben ihm von seinem Zinsertrag also 50400 Euro übrig.
Damit nicht genug. Nun wird dem treuen Michel - er hat schlieβlich ein Vermögen - noch Vermögensstuer abverlangt. Wieder nutzt er alle Freibeträge aus, reduziert sein steuerpflichtiges Vermögen auf 920000 Euro und doch greift der Fiskus kräftig zu.
Nach den Regelungen der bisherigen Regierung muss Michel ein Prozent des steuerpflichtigen Vermögens zahlen. Für ihn bedeutet das, noch einmal 9200 Euro an den Staat zu überweisen. Seine Bilanz: Für die Million Anlagekapital behält er am Ende 41200 Euro Zinsertrag übrig - etwa so viel, wie die Inflationsrate, die Michels Euro entwertet. Das Fazit: Der steuerehrliche Millionär muss unter den gegenwärtigen Umständen froh sein, wenn er keinen realen Vermögensverlust erleidet.
Was hat das nun mit Hilton, Flick, Quant... zu tun?
Im Dezember 1922 war Familie Schickedanz in Fürth wohl in einer ähnlichen Situation wie unser Michel. Ich habe keine Lust, zu ergründen, woher diese Familie ihr Startkapital nahm. Am 7. Dezember 1922 stürzte sich Gustav Schickedanz in die Selbständigkeit und gründete eine Großhandlung für Kurz-, Weiß- und Wollwaren. Es gelang ihm, diese so gut zu führen und das Glück war ihm hold, dass ihm im November 1927 die Ausgründung einer weiteren Firma (Versandgeschäft "Quelle") möglich war. Diese Firmen hat er bzw. seine Erben recht erfolgreich geführt. Nicht nur zu seinem eigenen Vorteil, sondern auch zum Vorteil von Tausenden Arbeitnehmern, die dort einen Arbeitsplatz gefunden haben.
Hätte der Herr Gustav Schickedanz sein Vermögen 1922 so wie der Michel heute in einer sicheren Geldanlage deponiert, um davon zu leben - er wäre schon 1927 ein Niemand gewesen und auch heute würde dieser Name nichts Besonderes bedeuten. Arbeitsplätze schaffen, das hätten gewiss andere getan, aber nicht die Firmen der Familie Schickedanz.
So, lieber Strudel, merkst du jetzt, worin die Verdienste der von dir genannten Leute bestehen? Merkst du, warum die heute reich sind und diesen Reichtum verdient haben?
Um sich in dieser, unserer Gesellschaft verdient zu machen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Zum Beispiel mit der eigenen Hände Arbeit. Oder eben, geschickt die Hände anderer zu führen, genauer gesagt, ein Unternehmen zu leiten. Und letztere ist mit viel gröβerer Verantwortung verbunden, als die erste.
Diese Arbeit kann der Unternehmen (in deinen Augen der Reiche) selber erledigen. Oder man kann einen Manager dafür einstellen und bezahlen. Jemanden zu finden, der den Leuten das gibt, was an den Stammtischen in diesem Land verlangt wird, kann man schnell finden. Aber jemanden, der das Unternehmen mit dem passenden Geschick erfolgreich führt, zu finden, das ist schwerer und deshalb haben Top-Manager eben ihren Preis.
Wenn jemand wie Frau Hilton, eine Hotelkette geerbt hat, diese Arbeit nicht ordentlich erledigt oder jemanden einstellt, der es für sie erledigt, dann wird sie nicht mehr lange in den Schlagzeilen sein, wie jetzt.
Anderes Beispiel: Es gab mal eine Riege Wirtschaftsführer, deren Unternehmung sogar durch die Mauer vom Gegenwind der Globalisierung weitgehend abgeschottet war. Und obwohl ihnen die Schaffenskraft von 17Mio. Menschen tagtäglich zur Verfügung stand, haben die Betonköppe ihr Unternehmen mit Pauken und Trompeten gegen die Wand gefahren.
Deine Antwort lautet also: Weil die von dir genannten Leute ihr Vermögen nicht einfach verkonsumieren, sondern es in den Wirtschaftskreislauf investieren
und weil sie ihren anteiligen Beitrag zur Wirtschaftslenkung leisten, haben sie ihr Geld redlich verdient.