baumann hat geschrieben:
Die Schuldenuhr der Stadt Jena (kann man im Net anklicken) zeigt heute einen aktuellen Wert von ca. 57 Mio Euro.
Hatte die Stadt nicht ihre Schulden dem Eigenbetrieb Kommunale Immobilien (KI) und den technischen Werken aufgebrummt, die das abarbeiten dürfen, u.a. durch die exorbitant hohen Eintrittspreise fürs GalaxSea-"Schwimmbad" und paar andere nette Sachen? So kann mans freilich auch machen. Aus Gera wäre da noch so einiges herauszuholen.
baumann hat geschrieben:
Aber in dieser Stadt wohnen ja - wie ich hier gelesen habe - die zerlumpten Akademikergestalten in den Kellerlöchern.
Nicht nur, teils wohnen sie auch sehr schön - und stets heftig teuer. Wer 1400 EUR Miete hinblättern darf für seine vierköpfige Familie, schafft das nur mit Doppelverdienerhaushalt. Heute wäre die Wohnung zu diesem Kurs ohnehin nicht mehr zu bekommen, wie Genossenschaftsangebote im zweistelligen Kaltmieten-Quadratmeterpreis zeigen. Aber ich kenne tatsächlich auch genug Akademiker (und andere Menschen auch, die Klassifizierung ist ja letztlich was übles), die in unsanierten Schimmelbuden hausen oder in Häusern, in denen das Warmwasser auf 35° runtergespart wird. Ich frage mich dann stets, welchen Lärm Geraer machen würden, wenn sie damit konfrontiert wären. Die Jenaer nehmens irgendwie hin, so als ob es ihnen tatsächlich Seelenfrieden brächte, daß die Stadt akademisch so superklug ist.
baumann hat geschrieben:
Also wenn das das Ergebnis der Sparsamkeit ist
Nicht unbedingt (nur) Sparsamkeit. Es ist das Resultat von Angebot und Nachfrage. Jena ist "in", genau wie das iPhone, das von vielen anderen Telefonen in Sachen Sprachverständlichkeit, SAR-Wert und anderen Dingen regelrecht deklassiert wird, aber dennoch ein "must have" ist. Mit Jena ists das gleiche. Die Leute sind wie im Rausch (man darf keinerlei Kritik anbringen an "unserer schönen Jena-Stadt", sonst fliegt man auch mal aus einer WG-Küche raus oder verscheißt sichs mit promovierten Medizinern, die Leute wirken wie benebelt, sind regelrecht fanatisch), warum sollte man also wohnungsanbieterseitig irgendwelche Zugeständnisse machen? Es wird mitgenommen, was geht. In Jena geht halt auch eine lausige Bruchbude für einen astronomischen Preis weg.
Auch vermehrt anzutreffen: nach dem Familienzuwachs muß (!) gebaut werden, ein zweites Auto muß her, weils natürlich weit außerhalb ist. Ein ex-Kommilitone baute regelrecht widerwillig nahe Stadtroda, nun darf er täglich pendeln. In Jena ist einfach kein Platz für Familien. Das wird sich auf Dauer auch rächen.
Aber mal was anderes. Ich bin gerade bei den Eidgenossen und beschäftige mich eher mit Ökodörfern, Friedensinitiativen, Permakultur und ähnlichem. Bei uns aufm Berg liegt eine Zeitschrift aus, alle 2 Monate neu.
ZEITPUNKT heißt das gute Stück und neben dem leider unvermeidlichen Esoterikkram und manchem Hokuspokus stehen da auch sehr gute Artikel drin, über gesellschaftliche Veränderungen, über Initiativen, die sich den Erfordernissen der Zeit stellen und über lebenswerte Alternativen nachdenken und sich darin versuchen.
In der aktuellen Ausgabe befindet sich ein Artikel über das "ärmste Dorf der Schweiz". Ein Dorf mit Plattenbauten, ein Dorf mit extrem niedriger Steuereinnahme der Gemeinde. Man schrammt dort ständig am Bankrott vorbei. Und wie geht man damit um bei den Eidgenossen? So, wie im Anhang ersichtlich. Der Artikel ist leider nicht online abrufbar, ich bin mal so frech und hänge ihn hier an.
Kann Gera daraus eventuell erkennen, was u.a. grundlegend schief läuft? Ich meine jetzt nicht Frau Hahn, sondern etwas anderes. Etwas, das sich nicht auf eine Einzelperson reduzieren läßt. Etwas, das auch nicht auf irgendwlche Stadträte oder sonstwen zu reduzieren ist?
Nur mal so als Anregung. In die gleiche Richtung geht
dieser Film, auch mit viel Esoterikkram, aber mit einem faszinierenden Kern. Da steht die Bevölkerung hinter einschneidenden Veränderungen und treibt das sogar voran, statt nur konservieren zu wollen und nur zu meckern. Ich hielte das in Gera (und allgemein vor allem in Ostdeutschland) nicht für realisierbar. Wir sind entwicklungsgeschichtlich noch immer da, wo der Westen in den 60er Jahren war.