Ach ja, Jena...
Jena mag zwar auf wirtschaftlichem und wissenschaftlichem Gebiet weit vor Gera liegen (daran dürfte niemand auf dieser Welt zweifeln), aber zum Leben und zur Lebensqualität gehört weitaus mehr als das Wissen, daß irgendwo in der Stadt Einrichtungen sind, denen man den Stempel "Exzellenz" aufgedrückt hat.
Zum Leben gehört für mich z.B. auch, daß man im Wohngebiet Lebensmittel einkaufen kann. Ich scherze? Nein, keineswegs. In Jena gibt es ganze Stadtteile, in denen sich keine einzige anständige Lebensmitteleinkaufstelle befindet. Das fällt selbst unseren 19-jährigen Azubis ausm Sächsischen Dorf auf. Eine ehemalige Lehrerin von mir (inzwischen über 70) fährt mit dem Taxi (!) zum Einkaufen in die Rewe. Das muß man sich erst mal geben!
Zum Leben gehört für mich auch, daß man als Einwohner nicht wie Dreck behandelt wird. Das abartig widerwärtige Verhalten mancher Jenaer Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften ist bis nach Gera bekannt, zumindest teilte mir dies ein einst in einer Geraer WGB arbeitender Bekannter mit. Es ist in Jena völlig normal, wie Dreck behandelt zu werden. Wohnungen sind häufig in miserablem Zustand, daß die Mieten bei faktisch Null Leerstand astronomisch hoch sind (brauchbare Wohnungen ab 10 Euro kalt) ist ja noch marktwirtschaftlich verständlich. Man wird aber trotz astronomischer Zahlungen behandelt wie Abschaum.
Zum Leben gehört für mich auch, in meiner Freizeit was sinnvolles und gesundes tun zu können. Schwimmen zum Beispiel... in Jena sind gerade die Rabatte für das sogenannte "Schwimmbad" gestrichen worden. Da muß man also abends für 90 Minuten Frust in einem 25-Meter-Becken, in dem meist 2 der 5 Bahnen gesperrt sind, jetzt 5 Euro löhnen - tagsüber sind es 6 Euro für 2 Stunden. Zum Vergleich: in der Olympiahalle München sind es abends 2,50 Euro - bei weitaus besserem Angebot. Auch Gera ist auf anständigem Niveau - warum muß die fettgefressene Stadt Jena im Schwimmbad die Leute so abmelken? Ganz einfach: sie saniert sich auf diese Weise.
Das ließe sich beliebig fortsetzen, beim Nahverkehr zum Beispiel. Aber lassen wir das, man muß ja nicht in Deutschlands Akademikerghetto Nummer 1 hausen. Man kann sich ja auch marktwirtschaftlich verhalten und folglich gehen.
Btw, verfügbares Einkommen privater Haushalte je Einwohner (2007) in Euro: Jena 14333, Gera 15098. Das sind die vielen Studenten, die haben ja nicht viel Geld. Aber sie werden in Jena genau wie alle anderen massiv abgemolken. Unterm Strich kommt das Leben einen Jenaer deutlich teurer als einen Geraer, vermutlich selbst dann, wenn der Geraer zum Arbeiten nach Jena pendelt.
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