Untermhäuser Forum

Gera (dpa/th) - Er war noch richtig aus dem Knast, da ging er
schon auf Einbruchstour: Seit Dienstag muss sich am Geraer
Landgericht ein 31-Jähriger verantworten. 66 Einbrüche legt ihm die
Anklage zur Last. Betroffen waren Arztpraxen, Friseursalons und Büros
vor allem in Gera, aber auch Chemnitz, Halle, Erfurt und Ronneburg.
Der Schaden summiert sich auf mehr als 60 000 Euro. «Das stimmt
alles, so wie es in der Anklage beschrieben ist», gestand der Mann
zum Prozessauftakt. Begonnen habe alles im Frühjahr 2006 während
eines Hafturlaubs, um sich die Zugfahrten zu seiner Freundin leisten
zu können. Angeklagt ist auch ein 54-Jähriger wegen Hehlerei.

diesem ersten verhandlungstag durfte ich heute beiwohnen. wir waren mit schülern im gericht, um eine verhandlung live zu sehen. der 31-jährige (schulabschluss abitur) ist schon mehrfach vorbestraft und vater eines halbjährigen kindes... - die nächsten jahre wird er das kind wohl kaum zu gesicht bekommen...

die staatsanwältin hat allein eine gute halbe stunde benötigt, um die ganzen taten mit tatort, tatzeit, beute und sachschaden aufzuzählen.

schön war es anzuhören, wie der 31-jährige seinen "hehlerfreund" immer weiter in die sch**** zog, als dieser sich herauswinden wollte...

im übrigen waren mit richter, staatsanwältin, anwälten, gerichtsmitarbeitern und 4 polizeibeamten insgesamt 11 leute seit 9.15 uhr auf steuerzahlerkosten mit dem fall beschäftigt. freitag und montag sind die weiteren verhandlungstage. ein musterbeispiel für deutsche gründlichkeit. am langweiligsten war die mehr als zweistündige passage des vorn-am-tisch-die-einzelnen-66-taten-durchgehen. da hat von den zuschauern keiner was mitbekommen...

In deutschen Gerichten hab ich aber lieber gründliche und (halbwegs) gerechte Ödnis als diesen amerikanischen Show-Firlefanz.

So ist das immer. Aber die Taten müssen alle aufgelistet werden, damit der Angeklagte weiß, was ihm vorgeworfen wird!
Noch schöner war der "Disko-Mörder-Prozess" vorige Woche. Das ging auch seit Dezember. Die beiden Angeklagten (Albaner) brauchten einen Dolmetscher (obwohl sie in Eisenberg in einem griechischen Restaurant als Kellner arbeiteten) und ihr Anwalt verlangte sogar, dass alle Gerichtsunterlagen ins Albanische übersetzt werden!!! (hat das Gericht aber abgelehnt)