@Pfiffikus:
Na ich hoffe mal, dass Dein Vergleich ironisch gemeint war. Auch wenn beides Obst ist kannst Du schwerlich Äpfel mit Birnen vergleichen. Wie die Miez schon schrieb wird bei Tagesmuettern sehr genau drauf geachtet dass die Chemie zwischen Kind und TM stimmt, wenn das nicht hinhaut wird eine andere TM gesucht - bei o.a. Sendung ist es gerade erklärtes Ziel soviel Disharmonie wie möglich zu erzeugen um die "überforderten" Jugendlichen vorzuführen - nichts erzeugt mehr Langeweile als ein harmonisches Miteinander im Fernsehen, Quote bringen nur die schreienden Babys, das altkluge Gelaber von selbsternannten Experten und Jugendliche die als dumm und unfähig hingestellt werden damit wir alle davon überzeugt werden dass Teenie-Schwangerschaften was ganz doll böses sind (das ist schliesslich das erklärte Ziel der Sendung, man stelle sich vor die Jugendlichen kämen prima mit den Kids klar - Neudreh wäre angesagt).
Überein stimme ich, dass die Kinder kaum bleibende Schaeden behalten werden, auch meine Erinnerung reicht praktisch nicht vors 5. Lebensjahr zurück. Mir gehts bei der Geschichte auch nicht um Schäden fürs Kind (auch wenn die wohl praktisch zum rumbrüllen gezwungen werden werden) sondern einfach darum dass Kleinstkinder für eine überflüssige Effekthascherei instrumentalisiert werden.
Ich will mal etwas weiter ausholen.
Um die (vorletzte) Jahrhundertwende kamen diverse Formen sogenannter [url=http://de.wikipedia.org/wiki/Völkerschau]
Völkerschauen[/url] in Mode. Das war nix anderes als dass der Tierbestand eines Zoos oder Zirkus' um ein paar exotische, möglichst dunkelhäutige "Wilde" aus Afrika und anderen Kontinenten ergänzt wurde. Da wurde mal eben eine komplette Sippe mit ihren Habseligkeiten in einen Tierpark (z.B. den Hagenbeck's) verfrachtet und zum Begaffen für uns "zivilisierte" Menschen aufbereitet. Die Leute wurden noch nichtmal unbedingt dazu gezwungen, es gab Zahlungsvereinbarungen, ein paar Vergünstigungen und die Organisatoren kuemmerten sich um alles.
Statt "Völkerschau" kann man da oben nun einfach "Talkshow", "Deutschland sucht den Superstar", "Frauentausch", "Big Brother", "Supernanny" etc. einsetzen, der Rest kann bleiben und trifft auch heute noch zu: Randgruppen der Gesellschaft werden mit all ihren Makeln vorgeführt und von einem breiten Publikum, welches sich für was besseres hält, begafft, betratscht, ausgeschlachtet und im besten Fall noch vergessen. Die Namen der Veranstaltungen sind zeitgemäßer, das Medium ist ein anderes, die Intention aber bleibt.
Kann sich heute noch jemand vorstellen dass Völkerschauen im damaligen Stil veranstaltet werden? Mei, das gäb ein Trara wenn wir eine Gruppe "Kanaken der Südsee" (siehe obiger Link) in ein Museum verfrachten, eine Absperrleine davor ziehen und jeder zugucken könnte wie die ihr Futter zubereiten, Karnickel schlachten, sich begatten, streiten, heiraten, gebähren usw. (Kommt das zufällig jemandem
bekannt vor?

)
Geht heut nicht mehr? Doch, geht. Man muss nur ne Kamera hinstellen. Dieser ganze menschenverachtende Rotz von damals ist nicht etwa in der Versenkung verschwunden, er hat nur das Medium gewechselt. Statt im Zoo oder im Zirkus konnte man die "Wilden" oder auch "Untermenschen" zuerst im Kino, später im Fernsehen begaffen und sich wahlweise an massiv fehlender
Intelligenz (hebt die eigene umso höher), diversen "Behinderungen" (
dick geht immer) und vielen anderen Unzulänglichkeiten ergötzen. Da fühlen wir uns doch gleich viel intelligenter, sportlicher und besser sowieso.
Sollten solche Sendungen nun verboten werden? Müssen die Menschen die sich da zum Affen machen vor sich selbst geschuetzt werden? Nun da wird jeder seine eigene Meinung haben. Der eine fühlt sich prima unterhalten, andere sehen die Vorgeführten als Opfer und fordern ein Verbot, ich bin der Meinung dass das Niveau zwar unterirdisch ist aber Gesetze haben wir eh schon zuviel, zumal die Beteiligten in der Regel in der Lage sind ihre Zustimmung auch mal zu verweigern, auch wenn sie nicht gleich überschauen auf welchen Müll sie sich da einlassen. Aber vielleicht lernen sie was draus, diverse DSDS-Opfer haben sich ja schon Anwälte geschnappt, und wer bei Big Brother öffentlich rumpoppt weiss eigentlich auch was er tut.
So weit, so krank. Jetzt gibt es aber zwei Fälle, die den ganzen Scheiss auf ein neues Level heben, indem man Kinder mit einbezieht. Einmal, bei der Supernanny, als unmittelbar betroffener Teilnehmer, in diesem Fall das Opfer einer fehlgeleiteten Erziehung. Die Ursachen sind unterschiedlich, reichen hier von Überlastung, weggelaufenem Partner, simple Blödheit und Unfähigkeit bis zu Faulheit und noch ein paar anderen Gründen (interessanterweise war in allen Fällen die mir bekannt sind, nie mangelndes Geld der eigentliche Grund ...). Quintessenz ist jedenfalls dass die arme Frau Saalfrank ständig Erwachsene therapieren muss, obwohl sie ja eigentlich Kinderpsychologin ist ...
Na jedenfalls sind die Kinder hier noch irgendwie Bestandteil des Problems und auch ein wenig "notwendig" zum Aufzeigen der Defizite ihrer Eltern. Dass man das so ausgiebig dokumentarisch darstellen muss ist natuerlich arg strittig und grenzwertig, in ihrer Schule sind die Knirpse jedenfalls gebranntmarkt. Meiner Meinung nach haetten fiktive gespielte Faelle auch gereicht um die Probleme und Lösungen aufzuzeigen, aber der deutsche Fernsehzuschauer mags wohl authentisch. Jedenfalls hoffe ich inständig dass wenigstens ein paar Eltern, die vor ähnlichen Problemen stehen, sich mal an die Nase fassen und die Ratschläge der Dame auf sich übertragen, damit die Sendung wenigstens ETWAS mehr als nur Quoten bringt.
Ein andrer Fall liegt m.E. bei "Erwachsene auf Probe" vor. Über irgendwelche Schäden, die auftreten können oder nicht, will ich jetzt gar nicht mal diskutieren - man kann Argumente sowohl für als auch gegen potentielle Gefahren finden. Klar ist, dass die Knirpse rumbrüllen werden (glaub das ist eh das Hauptargument da echte Babies zu nehmen), das ist ganz sicher in dem Moment fuer die Kids unangenehm. Dass bleibende Schaeden auftreten ist eher unwahrscheinlich, in dem Alter vergisst man auch recht fix wieder. Es kann sich wohl keiner an seine ersten 14 Monate Lebenszeit erinnern. Erfahrungsberichte von Muettern, die ihre Kleinstkinder abgegeben hatten, zeigen jedenfalls keine irgendwie gearteten späteren Persönlichkeitsstörungen.
Der für mich springende Punkt bei der Sache ist eher - hier werden Kleinkinder benutzt, und zwar als Instrument für exhibitionistische Erwachsene die mal ins Fernsehn wollen. Jede 1h-Beratung bei einer Hebamme brächte für die betroffenen Jugendlichen wohl mehr Erkenntnisse als diese Zurschaustellung im TV, wo eh jeder nur darauf aus ist Nervenzusammenbrüche und Teenie-Versagen hautnah vorgeführt zu kriegen.
Aufgrund rechtlicher Einschränkungen wurde die
Produktion in die Niederlande verlegt, sicher hauptsächlich um die in Deutschland beschränkte Drehzeit mit Kindern zu umgehen. Neckigerweise darf/durfte(?) man genau in diesem Land mit 16 schon Pornos drehen .... ich lass das jetzt hier einfach mal stehen.
RTL beschreibt die Sendung als Dokumentation und Lehrfilm. Über den Realismusgehalt des Dargestellten kann man aber wohl streiten, schliesslich haengen um die Jugendlichen staendig Dutzende von Leuten (Psychologen, Betreuer, Mütter) rum die sofort eingreifen können - das wünscht man sich doch auch wenns mal ernst wird mit Kind mit 16, da muss man ja froh sein wenn man zuhause nich rausfliegt. Jugendämter sind eh überlastet, staatliche Hilfe beschränkt sich größtenteils auf Geldgeberei, wirkliche Hilfe in Form einer wieauchimmergearteten Betreuung gibts für alleinstehende Kiddies erst wenns langsam zu spät wird.
Bliebe der Anspruch als Lehrfilm, die BBC (der "Erfinder" des Formats) vermarktet ihre Produktion auch unter diesem Aspekt. Da stellt sich mir dann wieder die Frage, warum es unbedingt noch eine deutsche Eigenproduktion sein muss. Billiger als Einkaufen und synchronisieren? Sicherlich. Unbedingt notwendig? Meiner Meinung nach nicht.
Kinder sind schon per Gesetz und auch per Selbstverständnis vermehrt schutzbedürftig. Große Teile der Gesetzgebung behandeln den Schutz der Kinder, vor allem vor Mißbrauch - nicht nur körperlicher und seelischer Art, sondern auch Mißbrauch durch Ausbeutung und zur Durchsetzung eigener Interessen. Für die "verwendeten" Kleinkinder ist es keine Bereicherung in der RTL-Produktion mitgemacht zu haben ("Schloß Einstein" zeigt z.B. wie eine bessere Kinderproduktion aussieht), einen künstlerischen Wert der z.B. bei einer Anne Geddes im Vordergrund steht seh ich bei RTL-Produktionen nich grad gegeben. Ich find die ganze Produktion einfach nur unnötig, weder den Kindern noch den Jugendlichen bringt es was (ausser ein paar mickrigen Kroeten), ob die Zuschauer was Neues erfahren werden wir sehn wenns gesendet wird. Wobei ich meine Zweifel habe dass das fuer jemanden wirklich lehrreich sein wird.
Weiter schlägt mir auf den Magen, dass gleich wieder mal Meinungsbildung betrieben wird, indem suggeriert wird, dass Teenagerschwangerschaften schlecht waeren. Die biologisch beste Zeit um Kinder zu gebähren liegt zwischen 16 und 25 Jahren. Wenn es nun so schlecht ist, dass schwangere 17-jähre ihr Leben "versauen", wirft das doch eher ein mieses Bild auf unsre Gesellschaft die nicht in der Lage ist solchen Müttern unter die Arme zu greifen.
Ich hab zwar noch lange nicht fertig, aber ich hoer erstmal auf.
