otz-online am 04.05.04
Malerfamilien Reinhold und Fischer als Mutterboden für Dix
Kunsthistorikerin Astrid Lindinger erforscht Geraer Malerleben Von Sylvia Eigenrauch Gera-Untermhaus. Ein Forschungsprojekt an der Kunstsammlung Gera erkundet Leben und Schaffen der Geraer Malerfamilien Reinhold und Fischer.
Im November 2003 auf der Grundlage eines Werkvertrages mit dieser Aufgabe betraut, hat die Geraer Kunsthistorikerin Astrid Lindinger die erste Werkphase abgeschlossen. Ihre Recherchen führten sie bislang in die Geraer Museen und das Stadtarchiv. Auch im Jenaer Romantikerhaus, im Erfurter Angermuseum und im Greizer Archiv wurde die Kunsthistorikerin fündig.
In die Familiengeschichte ist sie bislang so weit eingedrungen, dass sie nachweisen kann, dass beide Familien aus Ranis stammen und insgesamt acht Maler hervorbrachten, die für die Kunstgeschichte im 18./19. Jahrhundert stehen. Kunstmaler Paul Fischer ist der Ururgroßvater von Heinrich Fischer (1786-1850) und hatte eine Tochter, die die zweite Geraer Malerfamilie begründen half. Johann Friedrich Leberecht (1744-1807), der im Haus Ecke Sorge/Humboldtstraße seine Heimstatt hatte, vertritt die älteste Reinhold-Generation. Selbst malte er kleinere Bildnisse im Seitenprofil. Etwa 70 bewahrt die Kunstsammlung. Auch ein Riesenbild von Heinrich XXX. Reuss konnte erst jetzt ihm zugeordnet werden. Es zeigt den Regenten überlebensgroß, dahinter Rathausturm und den Turm der alten Johanniskirche.
Von den drei Brüdern Friedrich Philipp Reinhold (1779-1840), Heinrich Reinhold (1788-1825) und Gustav Reinhold (1797-1849) ist der mittlere jener, der in der internationalen Kunstwissenschaft bisher am meisten genannt wird. Wie alle Brüder studierte er in Wien, ging später nach Paris, um Napoleon in Kupferstichen zu verewigen und ab 1819 nach Rom, wo er mit 36 Jahren starb. Von Friedrich Philipp sind 20 Werke, vor allem Landschaftsstudien im Bestand der Kunstsammlung. Ein Teil seines Nachlasses wird in der Wiener Albertina verwahrt. In dieser Stadt wurden auch die Söhne Franz und Karl geboren, die ebenfalls als Maler in die Geschichte eingingen.
Malende Chronisten ihrer Zeit waren Heinrich Fischer (1786-1850) und Sohn Theodor Fischer (1824-1908). Ihre Werke sind für die Geraer Stadtgeschichte aufschlussreich. Beide studierten in Dresden und der Sohn übernahm die Zeichenlehrerstelle des Vaters am Geraer Gymnasium. Beeindruckt zeigte sich Astrid Lindinger von einem handschriftlichen Werkverzeichnis. Zwischen 1800 und dem Todesjahr 1850 führte Heinrich Fischer darin 1660 Bildnisse auf. Nur ein Bruchteil davon ist vorhanden. Viel vermutet die 31-jährige Kunsthistorikerin in Privatbesitz und hofft darauf, dass aus dieser Richtung ihre Forschungen demnächst Unterstützung erfahren.
Theodor Fischer entdeckte das neue Metier der Fotografie für sich und fertigte als Maler Stadtansichten im Auftrag der Stadt.
Die Bedeutung der Oeuvres aller Maler beider Familien soll in das zeitliche Umfeld eingeordnet werden. Bis November sind Biografien, Bibliografien, Werk- und Quellenverzeichnisse geplant. Sie sind Grundlage für Ausstellungen, die Kunstsammlung und Stadtmuseum 2005 zeigen werden.
"Wir wollen die eigene Geschichte selbstbewusster darstellen", sagte Dr. Ulrike Lorenz, Direktorin der Kunstsammlung. "Beide Künstlerfamilien waren ein Mutterboden, auf dem Otto Dix gewachsen ist".
Ermöglicht wurde die lange geplante Forschungsarbeit mit Unterstützung der Geraer Bank, des Vereins der Freunde und Förderer der Kunstsammlung und des Thüringer Museumsverbandes.
Neue Recherchen werden Astrid Lindinger nach Wien führen.
|