Schon seit einigen Jahren bin ich im Besitz der Landes- und Volkskunde des Fürstenthums Reuß j.L. von G. Brückner aus dem Jahre 1870. Dort stehen viele interessante historische Fakten zur Geschichte des Reußenlandes drin. Einige ausgewählte Textpassagen zu Untermhaus habe ich euch nun mal abgetippt... - Ich stelle diese in mehreren Abschnitten ein... - Viel Spaß beim Lesen!
Teil 1:
Untermhaus (urkundlich 1191 Unterhaus, 1534 Underhaus und Unterheuser, im Volke "unterhaus"), großes Kirch- und Pfarrdorf, höfischer Vorort von Osterstein, Verkehrsvorstadt von Gera, mit demselben durch eine Kastanienallee verbunden, an Bevölkerung der zweite Ort im Landratsbezirle Gera und der elfte im Fürstenthume, am Fuße des Residenzschlosses und des durch Anlagen verschönerten Weinbergs, 1/8 Stunde nordwestlich von Gera, durch seinen von den Bergwänden und der Elster eingeengten Kiesboden größtentheils langschmal von S. nach N. längs der Elster, kleinerentheils von O. nach W. in die Kerbe (Schlucht zwischen dem Hain- und Weinberg) gebaut, hat vorzugsweise als Sitz von Hof- und Staatsbeamten, von Hofbediensteten, von 153 selbstständigen und 311 unselbstständigen Gewerbetreibenden und Fabrikarbeitern (90 unter 14 Jahren) im Ausdruck seiner Häuser und im Leben seiner Bewohner einen städtischen Character. Es umfaßt 1 Kammergutsgebäude, 3 Beamtenbauten, 1 Kirche, 1 Schule, 2 Gemeinde-Armenhäuser, 1 Agnesschule, 1 Nachtwächter- und 1 Spritzenhaus, außerdem 101 Privathäuser mit 9 Scheunen und 10 Pferde-Viehställen, in 395 Familien 1731 (1861: 1257) Seelen und an Vieh 54 Pferde, 33 Riner, 109 Schweine, 1 Esel, 16 Ziegen, 30 Gänse, 16 Bienenstöcke. Zwei Hauptstraßen durchschneiden den Ort rechtwinklig, eine längere (jetzt Staatsstraße) von S. nach N., eine kurze von O. nach W.; außerdem neben dem Emiliensteig (früher auch noch der sog. Treppenweg) ein bequemer Fahr- und Fußweg nach dem Osterstein, die mit der Längenstraße parallelen Au- und neue Straße und die zwei Gäßchen Reitsteg und Bach. Unter den Häusern sind 3 drei-, 90 zwei- und 12 einstöckig, 99 mit Ziegeln und 4 mit Schindeln gedeckt. Aus den Theilen Untermhaus, Gries, Aue, neue Straße, Reitsteg und Bach erwachsen und bestehend, hat der Ort in dem eigentlichen Untermhaus seinen Kernpunkt, der mit der Reichsburg, dem Hause Osterstein, gleich alt ist und dessen Vorburg oder festes Vorwerk bildete, Burgmannen zur Hut und Wohnung übergeben und im Gegensatze zum Hause auf der Höhe das Unterhaus genannt (Die Form Untermhaus "unter dem Hause" Osterstein ist späteren Ursprungs und entspricht nicht den ursprünglichen Verhältnissen). Das Vorwerk selbst stand auf der Stelle des Kammerguts, das zum Theile auf den alten Vorwerksmauern ruht. Neben demselben erstanden frühzeitig nicht nur eine Kapelle, Mühle und Schenke, sondern auch Fröhner- und Handwerkerhäuser. Ebenso war nördlich vom Vorwerke auf dem "Gries" an der Elster gleich anfänglich ein herrschaftlicher Zimmermannshof angelegt, um den allmählich eine Häusergruppe erwuchs, welche den Namen Gries oder Zimmerhaus ...führte. 1851 wurde Gries sammt den Nebentheilen mit Untermhaus zu einer Gemeinde vereinigt. Bis 1855 standen beide Orte nebst Cuba unter dem Justizamte zu Untermhaus, kamen nun nach dessen Aufhebung unter das zu Gera. Auch die Oeconomie des aus dem alten Vorwerke hervorgegeangenen Kammerguts, das Heinrich XVIII. nach dem Brande um 1729 neu erbaut hatte, wurde bald nach 1850 aufgehoben, indem man die Schäferei nach Bieblach that und die Felder auf dem Steinertsberg mit dem Kammergut Laasen vereinigte, die übrigen Felder und die Auwiesen theils verpachtete, theils für herrschaftliche Zwecke bebutzte, die Gutsgebäude aber zu Geschäftsräumen der fürstlichen Kammer und zu Wohnungen einiger Kammerbeamten machte. Das ehemalige fürstliche Amthaus ist jetzt der Sitz eines fürstlichen Beamten.
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