Was haben Uschi Koslovski, Helge Schneider und Deutschland sucht den Superstar gemeinsam?
Na?
Richtig. Den ausgeprägten Dilettantismus.
Nun ist ein Dilettant eigentlich keiner, der nix kann, im Gegenteil bezeichnet es jemanden, der auf fachfremden Gebiet tätig ist - ein prominentes Beispiel ist z.b. Johann Wolfgang von Goethe, der mit vielen seiner Hobbys wesentliche Errungenschaften vorweisen kann. Helge Schneider hat den Dilettantismus zur Kunstform erhoben und präsentiert ihn uns mit Witz, Charm und Hintersinn und vor allem unterhaltsam - man muss sich diesem "Unsinn" natürlich entsprechend öffnen. Na und bei DSDS sind die Dilettanten natürlich Teil des Konzepts, möglichst viele Zuschauer mit Fremdschäm und Schadenfreude zu locken.
Heute haben sich die Miez und ich dann
Uschis erste Show 
reingezogen. Die Eintrittsgelder waren für "einen guten Zweck" bestimmt, gingen namentlich an die Gersche Tafel und einen DRK-Kindergarten. Geködert wurden wir mit "Travestie, Kabarett und Comedy", erhalten haben wir männerfeindliche Witze unter der Gürtellinie, Gesangseinlagen ohne Gesang, langatmige Auktionen (für die Spendenkasse), orientierungs- und planlose Alleinunterhalter ("ich weiss jetzt nicht mehr was ich hier noch sagen soll ... ich geh dann mal einfach ab ... vielleicht kommt ja die Uschi noch mal ..."). Manches hab ich sicher auch verpasst, weil ich zu oft die Hände vors Gesicht geschlagen hatte. Immerhin bin ich zur zweiten Pause mit einem Lachfastkrampf dann gegangen, die 30 Minuten Zwangspause bis zum Finale wollten wir dann doch nicht mehr warten. Gelacht hab ich aber nicht weil irgendwas lustiges toll dargeboten wurde, sondern weil sich der Netzhemd-Beau mit seinem Sportgymnastikband ständig verhedderte. Ich glaube, er sollte die romantische Violinenmusik irgendwie visuell untermalen ...
Liebe Uschi, ich bewundere euren Mut euch auf der Bühne zu produzieren. Ich finde es aber unheimlich schade, dass die Leute vor allem deshalb lachen, weil ihr euch vorn zum Affen macht. Stellenweise war tatsaechlich Potential zu mehr erkennbar, die Auktion z.B. war stellenweise wirklich witzig, aber halt zu lang, manche Tanznummern sahen ganz nett aus, aber nur tuntig rumhampeln ist halt zu wenig. Ziemlich am Anfang wurde die Frage ins Publikum gestellt, ob wir wissen, was Travestie ist. Nun, Travestie ist tatsaechlich nur das Verkleiden in das andere Geschlecht - aber für eine Show, mit der man die Leute unterhalten will, reicht das nicht. Perücken aufsetzen und tuntig reden können wir auch zu Hause. Leute zu unterhalten ist eine Kunst, das muss man üben, schon damit Deine Mitstreiter wenigstens wissen wer wann womit dran ist und das nicht erst auf der Bühne ausdiskutiert werden muss.
Ja, es hat einen gewissen Charme, keine glattgebügelte Hochglanzshow präsentiert zu bekommen, aber wenn ein grosser Teil des Publikums noch vor der ersten Pause abhaut spricht das Bände. Wenn der meiste Applaus kommt wenn ein Scheinwerfer umfällt, spricht das ... gut, nicht gleich Bände, aber wenigstens ein Buch. Und auch in einer Dilettanten-Show möchte das Publikum doch auch was von euch sehen, richtet doch bitte die Scheinwerfer so auf dass sie euch ins Gesicht scheinen und nicht ins Kreuz - man konnte ja nur sehr mühsam was erkennen. Das Bühnenbild sah nett aus - warum habt ihr's nicht mit in die Show einbezogen? Die Sessel nach vorne, dann müsst ihr nicht auf den Lautsprechern sitzen. Und wenigstens mal vor der Aufführung Generalproben - die Planlosigkeit gerade im zweiten Teil tat ja schon richtig weh. Wenn ihr noch kein Programm fuer 3 Stunden habt, dann fangt halt kuerzer an. Und besorgt euch ordentliche Tontechnik, die Aussetzer nerven.
So, erstmal genug gemeckert, ich bereue den Abend jedenfalls nicht, war sehr amüsant, wenn auch aus einem anderen Grund als versprochen, aber ihr habt noch viel Weg vor euch. Viel Spass dabei.
