OTZ hat geschrieben:
"Etwas Besseres als den Tod findest du überall". Mit diesen Worten wird der altersschwache Esel in Grimms Märchen "Die Bremer Stadtmusikanten" zitiert, als er den Hahn anspricht und ihn auch zum Reißausnehmen überredet.
Gera. Die Interpretation dieses Satzes ist Bestandteil der ersten Ausgabe der neuen Veranstaltungsreihe "Märchen und Bibel im Gespräch" in der Untermhäuser St. Marienkirche. Pastorin Petra Doering brachte die Idee aus Hannover mit.
Beginnend am 1. Oktober um 18 Uhr lädt die Kirchgemeinde bis zum März 2012 an jedem ersten Sonnabend im Monat zu meditativen Abendgottesdiensten ein. Schauspieler Wolfgang Hahn, der die Märchen liest, Benjamin Stielau, gegenwärtig Referendar am Goethegymnasium, der die musikalische Begleitung organisiert, und Frau Doering gestalten die Abende. Märchen, biblische Erzählungen, Musik, Stille und Gesang werden sich abwechseln.
Erwachsene brauchen Märchen, um die Weisheit des eigenen Lebens darin zu entdecken, ist Pastorin Doering überzeugt. Esel, Hund, Katze und Hahn stehen für alte Menschen, die man ihrer Gebrechen wegen abschiebt, statt zu schauen, welche Schätze sie in sich bergen. "Für mich ist es auch ein persönliches Märchen", sagt Pastorin Doering, die über das Älterwerden nachdenkt. Sie will Mut machen, sich nicht damit zu begnügen, wie das Leben gerade ist, sagt sie.
An den Märchenabenden will sie keine Predigten halten, sondern die Bilder oder Mythen aus den Geschichten aufgreifen, mit Weisheiten aus der Bibel in Zusammenhang bringen und interpretieren. Zum Sinnieren über ihre Worte lädt Musik ein. Für den ersten Märchenabend hat Fabian Hentschel zugesagt, mit seiner E-Gitarre unmittelbar darauf zu reagieren. Der 18-jährige Untermhäuser, der auch Bratsche spielt, ist zweifacher Preisträger des Stavenhagen-Preises. Er hat in diesem Jahr sein Abitur absolviert und plant ein Studium.
Schon die Auswahl der Akteure für den Abend macht deutlich, welche Frage die Pastorin in den Kirchenraum stellen will: Wie gelingt es, dass sich die Weisheit der Alten mit dem Tatendrang der Jungen vereint? Wer sich auf die Suche nach Antworten begeben will, ist herzlich zu dieser reichlichen Stunde bei freiem Eintritt eingeladen, bevor es am 5. November um 19 Uhr heißt: "Wer zähmt den bösen Wolf?". Den Einstieg bietet dann das Märchen "Der Wolf und die sieben Geißlein".
Sylvia Eigenrauch / 30.09.11 /
OTZ