als mitglied der kreiselternvertretung der grundschulen in gera möchte ich allen interessierten lesern und natürlich den hier mitlesenden stadträten unsere stellungnahme zum schulnetzplanentwurf nicht vorenthalten...
"...Kreiselternvertretung Gera, 17.04.2007 Der Grundschulen in Gera
Stadtverwaltung Gera - Schulverwaltungsamt - Pf 1164 07501 Gera
Stellungnahme der Kreiselternvertretung der Grundschulen in Gera zum Entwurf des Schulnetz- und Schulsanierungsplans 2008 bis 2020
Sehr geehrte Frau Neudert, sehr geehrter Herr Fischer, sehr geehrte Damen und Herren,
zunächst möchten wir uns für die zwar gesetzlich vorgesehene, jedoch keineswegs in allen Fällen gewährte Gelegenheit bedanken, in ausreichendem Abstand zu einer Beschlussfassung zum Entwurf des Schulnetz- und Schulsanierungsplans der Stadtverwaltung Gera Stellung zu nehmen.
Es ist das vorrangige Interesse der Eltern, dass ihre Kinder eine gute Schulbildung erhalten, da diese eine der maßgeblichen Grundlagen sowohl für die künftige berufliche als auch für die allgemeine Entwicklung eines jeden Menschen darstellt. Von daher ist es nicht verwun-derlich, dass die Bildung berührende Fragen zu den immer wieder „heiß“ diskutierten The-men einer breiten Öffentlichkeit zählen. Auf kommunaler Ebene gehören dazu schon immer die Fragen der Schulstandorte und der Schaffung zeitgemäßer Lernbedingungen für alle Schü-ler. Es ist daher besonders anerkennenswert, dass die Stadtverwaltung Gera diese Fragen mit dem vorliegenden Entwurf gründlich, unvoreingenommen und für einen längeren Zeitraum zu beantworten sucht. Denn unabhängig davon, welche Antworten am Ende – meist streitig – gefunden werden, dürfte Einigkeit darüber bestehen, dass fast nichts einem erfolgreichen Bil-dungswesen so abträglich ist, wie stetige Unsicherheit und fortwährender Wechsel der Vorga-ben. Bildung ist eine langfristige, Kontinuität und gemeinsame Anstrengung aller Beteiligten erfordernde Aufgabe.
Die Kreiselternvertretung der Grundschulen in Gera begrüßt daher ausdrücklich das Ansin-nen, binnen eines überschaubaren Zeitraums von wenigen Jahren für alle Schüler in Gera mo-derne Lernbedingungen zu schaffen. Dabei verkennen wir als Elternvertretung auch nicht, dass ein solcher Entwicklungsplan keine Wunschliste sein kann, sondern städtebauliche Ge-gebenheiten, bestehende Gebäudezustände, finanzielle Spielräume und demographische Ent-wicklungen berücksichtigen muss. Zugleich liegt es in der Natur der Sache, dass wir als El-ternvertretung insbesondere die Kinder- und Elternsicht vertreten. Hinsichtlich der Grund-schulen sind wir dabei grundsätzlich der Meinung, dass Kinder im Grundschulalter von meist 6 bis 10 Jahren möglichst wohnortnah und nicht in allzu großen Einheiten untergebracht wer-den sollten. Zu den Maßnahmen im einzelnen:
1. Selbstverständlich gibt es keine Einwendungen gegen die Durchführung von sog. „Restmaßnahmen“ an den Schulgebäuden bzw. Turnhallen der Wilhelm-Busch-Grundschule, der Erich-Kästner-Grundschule, der Grundschule Saarbachtal und der Bergschule. Die in Ansatz gebrachten Kosten können von uns nicht überprüft werden; wir gehen davon aus, dass sie realistisch sind.
Zumindest mit einem Fragezeichen zu versehen ist dagegen der pauschale Ansatz von 25 Kindern je Klasse und Klassenraum. Abgesehen davon, dass ein besseres Lehrer-Schüler-Verhältnis eine grundlegende Maßnahme zur Steigerung des Bildungserfolgs wäre, die bei sinkenden Schülerzahlen tatsächlich einmal umgesetzt werden könnte, berücksichtigt dieser pauschale Ansatz die modernen und politisch gewünschten und geförderten Unterrichtskonzepte nicht ausreichend. So verlangt beispielsweise der jahrgangsstufenübergreifende Unterricht der Schuleingangsphase zwangsläufig Diffe-renzierungsräume, die bei dem genannten Ansatz keine Berücksichtigung finden.
2. Des weiteren gehen wir davon aus, dass sowohl an den vorgenannten Schulen als auch an den Schulen ohne Sanierungsmaßnahmen – Grundschule 2 in Untermhaus, Hans-Christian-Andersen-Grundschule, Tabaluga-Grundschule – und nach durchgeführter Sanierung an den anderen Schulen ausreichend Mittel für den jährlichen Bauunterhalt und Ersatzbeschaffungen zur Verfügung stehen.
Dies Erfordernis eines verantwortlichen Gebäudemanagements wird im Entwurf auf Seite 18 angesprochen, ohne dass jedoch im weiteren hierfür konkrete Summen aus-gewiesen werden. Es liegt auf der Hand, dass anderenfalls bereits sanierte Schulen nach 10, 15 oder spätestens 20 Jahren erneut einen Sanierungsfall darstellten. Es ist daher bei der Erstellung des Gesamtfinanzierungspakets darauf zu achten, dass sich die Stadt Gera durch langfristige Zahlungsverpflichtungen nicht dermaßen fesselt, dass sie im Tagesgeschäft handlungsunfähig wird.
3. Drei Grundschulen – Tabaluga-Grundschule, Wilhelm-Busch-Grundschule, Grund-schule Saarbachtal – werden als nicht langfristig zu erhaltende Grundschulstandorte geführt. Der Erhalt dieser Schulen wird von einer Bedarfsprüfung zwischen 2012 und 2015 abhängig gemacht.
Hier ist anzuerkennen, dass die Unsicherheit einer jeden langfristigen Schülerprogno-se, insbesondere für Jahrgänge in denen die Kinder noch gar nicht geboren sind, gera-de bei einem Plan, der über 12 Jahre Gültigkeit beansprucht, eine gewisse Flexibilität erfordert, da anders künftigen noch nicht abschätzbaren Entwicklungen nicht begegnet werden könnte. Es spricht auch für die Ehrlichkeit des vorliegenden Entwurfs, dass dieses Erfordernis nicht unter den Tisch gekehrt wird.
Jedoch ist es dann auch erforderlich, und hiervon gehen wir als Elternvertretung aus, dass eine echte Bedarfsprüfung stattfindet, d.h. nicht vorab durch eine schleichende Benachteiligung der genannten Schulen bereits unumkehrbare Fakten geschaffen wer-den. Nach den im Entwurfsplan genannten Schülerzahlen sind diese Schulen nämlich bis einschließlich 2015 zur Deckung des Bedarfs notwendig, also für mindestens drei „Grundschulgenerationen“.
Darüber hinaus wäre eine allzu frühe Festlegung auf die im Bedarfsfalle zu schließen-den Schulstandorte nach der Aufhebung der Grundschulbezirke innerhalb der Stadt Gera und des durchaus gewünschten Wettbewerbs der Schulen untereinander auch kontraproduktiv. Denn was wäre zu tun, wenn es sich im Entscheidungszeitpunkt ge-rade um die beliebtesten Schulen handelte? So haben alle Schulen inzwischen ein ei-genes Profil entwickelt und sind dabei dieses für die Zukunft fortzuschreiben. Die da-durch entstandene Vielfalt wird von allen Seiten – so auch im vorliegenden Entwurf des Schulentwicklungsplans – begrüßt. Durch eine vorzeitige Stigmatisierung einiger Schulen als „Bedarfsstandorte“ wird diesen Schulen jedoch von vornherein eine gleichwertige und faire Entwicklungsperspektive genommen.
Die Kreiselternvertretung schlägt daher vor, auf die Bezeichnung als „Bedarfsstand-ort“ zu verzichten. Entweder sind im Überprüfungszeitraum die Schulen aufgrund der Schülerzahlen und des Raumbedarfs weiterhin erforderlich, so dass die mit einer sol-chen Bezeichnung verbundene Verunsicherung gar nicht erforderlich gewesen wäre; oder es sollte ergebnisoffen anhand der Fakten (Gebäudezustand, Wohnortnähe, Aus-lastung, Konzept usw.) im Überprüfungszeitpunkt festgestellt werden, welche Schul-standorte zu schließen sind.
4. Zur im Entwurf vorgesehenen Schließung von Grundschulstandorten – Grundschule Aga, Waldschule Liebschwitz, Neulandschule Pforten und Grundschule Am Biebla-cher Hang – sind zunächst einige grundsätzliche Anmerkungen erforderlich. Die Kreiselternvertretung der Grundschulen ist einhellig der Auffassung, dass der alte Spruch „kurze Beine, kurze Wege“ weiterhin Gültigkeit hat. Kinder im Grundschulal-ter brauchen für eine gedeihliche Entwicklung eine sichere und ihnen vertraute Umge-bung, wozu neben der Familie vor allem die Schule gehört, wo die Kinder einen Groß-teil ihrer Tageszeit verbringen. Dabei ist es aus vielfältigen Gründen, die hier nur als Stichworte genannt seien, vorteilhaft, wenn die Grundschule sich in der Nähe befindet: Sicherheit im Verkehr, höherer Schutz vor Kriminalität, geringere Umweltbelastung, Nutzung der Schuleinrichtungen am Nachmittag und Wochenende, Einbettung der Schule in den Stadtteil, Austausch zwischen Schule und Vereinen/Initiativen…
Neben der Wohnortnähe ist die Größe der (Grund-)Schule ein weiterer wichtiger Punkt für die Entwicklung der Kinder. Während bei den weiterführenden Schulen eine gewisse Größe allein deshalb vorteilhaft sein kann, weil nur so ein möglichst vielfälti-ges Fächerangebot mit den zum Teil recht aufwändigen Einrichtungen vorgehalten werden kann, spielt dieser Gesichtspunkt bei Grundschulen eine eher untergeordnete Rolle. So ist die Anzahl der Spezialfächer geringer und die erforderlichen Vorausset-zungen lassen sich mit deutlich weniger Aufwand auch für eine kleinere Zahl an Schü-lern herstellen. Dafür liegen die Vorteile einer kleineren Grundschule auf der Hand, insbesondere eine familiärere Atmosphäre bei der jeder jeden kennt.
a) Dies vorangeschickt, kann im Kreis der Eltervertretung naturgemäß keine Begeiste-rung für die Schließung der Schulstandort in Liebschwitz und Aga aufkommen. Dabei gingen nicht nur die eben genannten Vorteile wohnortnaher und kleinerer Grundschu-len verloren. Des weiteren bedeutete die Schließung dieser Grundschulen im Norden und Süden von Gera einen erheblichen Einschnitt für die betroffenen Ortschaften, da eine Grundschule über den bloßen Unterricht hinaus eben eine wichtige und zentrale Rolle im Gemeindeleben einnimmt. Schließlich verlängerten sich auch die Schulwege und stiegen die damit verbundenen Kosten, wobei die „Gleichstellung“ (vgl. Seite 31 oben des Entwurfs) der Kinder, die direkt aus Aga und Liebschwitz kommen, mit den Kindern aus den umliegenden Ortschaften natürlich kein Vorteil ist.
b) Sollte sich eine Schließung der Standorte in Aga und Liebschwitz im Rahmen des Ge-samtkonzepts nicht vermeiden lassen, richten sich die Sorgen der Eltern und Lehrer insbesondere auf die Art und Weise der „Verlegung“ des Schulbetriebs. Es besteht die Befürchtung, dass bei einer teilweisen, d.h. schrittweisen Verlagerung die Schule als funktionierende Einheit zerrissen würde, insbesondere einige Schulklassen bei unzu-reichendem Angebot in Restschulen verblieben. Des weiteren wird befürchtet, dass bei einer allzu schnellen (Teil-)Schließung Schüler „auf eine Baustelle“ umziehen müß-ten. In Liebschwitz wird auch ein mehrfacher Umzug – zunächst in die Plauensche Straße, dann in die Reichsstraße – mit all seinen Widrigkeiten abgelehnt.
Die Kreiselternvertretung erwartet daher, dass – soweit es denn erforderlich wird – der „Umzug“ einer Schule in den Unterricht schonender und das Wohlergehen der Kinder berücksichtigender Art und Weise erfolgt, insbesondere nach ausreichenden und recht-zeitigen Beteiligungen und Informationen der Eltern und Lehrer der betroffenen Schu-len.
c) Von der Grundschule Am Bieblacher Hang wird der Neubau des gegenwärtig in schlechtem Zustand befindlichen Schulgebäudes uneingeschränkt begrüßt. Im Ergeb-nis wird auch der Verlegung an den Standort der Regelschule in der Erich-Mühsam-Straße zugestimmt. Dies ist allerdings mit der Erwartung verbunden, dass dort auch grundschulgerechte Außenbereiche – Schulhof mit entsprechenden Spielgeräten, Schulgarten mit „Grünem Klassenzimmer“ – geschaffen werden. Besonders wün-schenswert wäre eine Umsetzung der teilweise in schulinternen Aktionen mit Unter-stützung der Eltern geschaffenen Geräte und Anlagen, so dass diese weiterhin genutzt werden könnten.
d) Die Kreiselternvertretung lehnt die Verlegung der Neulandschule in ein neu zu errich-tendes Schulzentrum ab.
Wir halten die gemeinsame Unterbringung von Grundschülern in einem Schulzentrum mit Regelschülern und Gymnasiasten und insgesamt gut 1.200 Schülern für ausge-sprochen nachteilhaft.
Dies gilt zum einen aufgrund der bereits genannten zahlreichen grundsätzlichen Erwä-gungen, die hier vollumfänglich zum tragen kämen.
Zum anderen aber auch aufgrund der konkreten Gegebenheiten in Gera. Das ins Auge gefasste Grundstück ist nach den Ausführungen im Entwurfsplan selbst äußerst knapp bemessen, um nicht zu sagen zu klein. Gerade unter so beengten Verhältnissen er-scheint es ausgeschlossen, für Grundschüler innerhalb des Schulzentrums gute Bedin-gungen zu schaffen.
Dagegen handelt es sich bei der gegenwärtig genutzten Liegenschaft in der Plauen-schen Straße um ein „im alten Stil“ (schon von weitem als Schulgebäude erkennbar) großzügig gebautes Haus mit entsprechenden Eingängen, Hallen, Fluren, Klassenräu-men und Deckenhöhen sowie insbesondere einem geradezu idealen Außenbereich. Dieser umfasst Bereiche mit Spiel- und Sportgeräten für kleinere wie größere Kinder, den Schulgarten mit Teich, das „grüne Klassenzimmer“ und einem Freibereich zum Zelten und Rostern. Dieser ganze Bereich wird zudem auch außerhalb der Schul- und Hortzeiten als sog. „offener Schulhof“ für den gesamten Stadtteil genutzt. Die Anla-gen wurden zum Großteil durch die Lehrer, Schüler, Eltern und Förderer der Schule selbst geschaffen. Es wird empfohlen, diesen Bereich vor einer Entscheidung einmal persönlich in Augenschein zu nehmen.
Ähnliche Erwägungen, wenn auch aufgrund des Alters der Schüler in abgeschwächter Form, gelten für die Standorte der Regelschule Ost in der Karl-Liebknecht-Straße und das Goethegymnasium auf dem Nicolaiberg. Auch hier handelt es sich um gewachse-ne, traditionelle Schulstandorte in „klassischen“ Schulgebäuden.
Selbstverständlich ist bekannt, dass sich alle drei Gebäude zum Teil in einem bedau-ernswerten Zustand befinden und einer Generalsanierung bedürfen. Da diese Gebäude jedoch stadtbildprägend und denkmalgeschützt sind und – wie auch im Entwurf vorge-sehen – einer Nachnutzung bedürfen, ist es nicht ohne weiteres einleuchtend, die er-forderlichen Sanierungen für die Berufsbildenden Schulen vorzunehmen und die all-gemein-bildenden Schulen (Grundschule, Regelschule, Gymnasium) in den von vorn-herein beengten, traditionslosen und von Eltern, Schülern und Lehrern nicht ge-wünschten Schulzentrumsneubau zu pressen.
Viel nahe liegender ist es, die bisherigen Standorte beizubehalten und für die traditio-nellen Nutzer zu sanieren, was aufgrund der geringeren An- und Umbauerfordernisse gegenüber den Berufsbildenden Schulen auch noch finanziell günstiger wäre. Für die berufsbildenden Schulen könnte(n) dann ein (oder zwei) Neubau(ten) errichtet wer-den, wenn nach Erstellung des Gutachtens der Landesregierung feststeht, welcher Be-darf hier überhaupt mittel- und langfristig besteht. Anderenfalls droht nämlich die Ge-fahr, dass Grundschule, Regelschule und Gymnasium zwangsweise in das ungeliebte Schulzentrum umziehen müssen und anschließend festgestellt werden muss, dass für die so „freigelenkten“ (und vielleicht schon sanierten ?) Gebäude keine Nachnutzung besteht. Dann hätte man auf teurem Wege und unter In-Kaufnahme erheblicher Nachteile Investitionsruinen (für den Fall der vorherigen Sanierung) oder (im anderen Falle) echte Ruinen geschaffen.
Angesichts der in jedem Falle erheblichen langfristigen finanziellen Verpflichtungen der Stadt Gera sollte die vorgenannte Alternative den Vorzug erhalten. Sie bietet die Chance, einige Millionen weniger auszugeben, die traditionellen Standorte für die bis-herigen Nutzer zu erhalten und – nach Erlangung von Planungssicherheit – einen ideal passenden Neubau für die berufsbildenden Schulen zu errichten (zentrumsnah oder zum Ausgleich für bestehende Standorte in Lusan).
Mit freundlichen Grüßen
Philip Redeker Kreiselternsprecher Grundschulen für die Kreiselternvertretung der Grundschulen in Gera..."
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