Ältere Mitbürger fast schon diskriminiert: Immer mehr Englisches in Gera Auch in Gera macht sich eine Zunahme englischer Modewörter und Markennamen im Handel breit. Der Geraer Hartmut Großmann vom Verein deutscher Sprache beklagt das. Doch einen Lichtblick gibt es.
Auch in Gera macht sich eine Zunahme englischer Modewörter und Markennamen im Handel breit. Der Geraer Hartmut Großmann vom Verein deutscher Sprache beklagt das. Doch einen Lichtblick gibt es.
Wo springen Ihnen "Verdenglischungen" ins Auge?
Großmann: Die "Verdenglischung" breitet sich auch in unserer Stadt aus, denken wir an solch alberne Bezeichnungen wie "Back Factory" für einen Backwarenladen. Oft springen uns in Geschäften englische Werbetexte regelrecht ins Auge, in den Arcaden als "Mc Paper" für ein Schreibwarengeschäft, als "For Girls" (Mädchenbekleidung), "Sale" statt Verkauf, "Price attack", "Goodbye Winter" und ähnlicher Blödsinn.
Für den vergangenen Winterschlussverkauf schrieb die Galeria Kaufhof in Gera im Februar statt von "Sale" wieder testweise vom Winterschlussverkauf und begründet es etwa mit einer besseren Verständlichkeit für Senioren.
Hartmut Großmann
Großmann: Die Zahl englischsprachiger Mitbürger in Gera dürfte derart gering sein, dass man im Alltag Englisch nicht in den Vordergrund rücken muss. In der Galeria scheint man das begriffen zu haben.
Und bei den Behörden?
Großmann: Leider ist auch die Stadtverwaltung nicht frei von derlei Unfug. Auf der Internetseite der Stadt ist die Rede von "Jobportal", "Jobcenter", "Sozial-Card". Die Bibliothek, die meines Erachtens besonders der Pflege der deutschen Sprache zugetan sein sollte, bietet gar eine "Flatcard" an. Ein besonders negatives Beispiel ist wohl die Verzierung der Bahnen und Busse mit den Aufklebern "Safe Point". Eine gute Sache wird dadurch ins Lächerliche gezogen, oder geht man davon aus, dass alle Kinder im Alter von sechs oder sieben Jahren Englisch beherrschen?
Bisher nannten Sie nur Negativbeispiele. Gibt es Aktionen für die deutsche Sprache?
Großmann: Es wäre wünschenswert, wenn Gera dem Beispiel von Gotha, Mühlhausen, Rudolstadt oder Merseburg folgen würde und sich mit einer Mitgliedschaft im Verein Deutsche Sprache zur Pflege der deutschen Sprache auch in der Verwaltung bekennt. Aber auch ohne Mitgliedschaft kann ein jeder beitragen, unsere Muttersprache zu bewahren. Achten wir einfach darauf, uns in gutem, verständlichen Deutsch zu unterhalten. Eine besondere Rolle kommt den Medien zu. All zu oft werden gedankenlos Begriffe verwendet, mit denen viele nichts anfangen können, wie dem "Girls Day", dem "Workshop" oder dem "Event".
Zugegeben, manchmal übernehmen wir schnell ein englisches Schlagwort, das nicht ausreichend erklärt wird.
Großmann: Mit dieser Art Berichterstattung wird eine ganze Generation, der es in ihrer Jugend nicht möglich war, Englischunterricht zu nehmen, vom Informationsfluss ausgegrenzt: Die Generation der älteren und alten Mitbürger. Man kann fast schon von Diskriminierung sprechen. Deutschland feiert gern seine großen Dichter und Denker. Nur deren Sprache, die will man nicht mehr sprechen.
Wie kommt es zu Ihrem Engagement?
Großmann: Seit mehr als 10 Jahren bin ich Mitglied im Verein Deutsche Sprache aus Dortmund. Der Verein verfolgt das Ziel, die deutsche Sprache als eigenständige Kultursprache zu erhalten und zu fördern. Er widersetzt sich der fortschreitenden Anglisierung des Deutschen. Mehr Informationen gibt es hier: Verein deutsche Sprache e.V., Postfach 104128, 44041 Dortmund, oder unter
http://www.vds-ev.de. Ich lade auch ein zur Diskussion unter
http://www.untermhaus.de. Im Forum dort gibt es einen regen Gedankenaustausch.
Zum Forum auf
http://www.untermhaus.de Robert Mailbeck / 24.05.12 /
OTZ