otz-online am 23.10.04
Künftige Westtangente Fundgrube für Archäologen
Grabungsteam legt auf der Baufläche historische Schmelzöfen frei Von Angelika Munteanu Gera. Schon in der Planungsphase hatte Thüringens Landesamt für Archäologie Anspruch auf den Grund der künftigen Westtangente erhoben. Der Verdacht, hier steinerne Zeugnisse aus alter Zeit zu finden, hat sich bestätigt. Gegenwärtig legt ein Grabungsteam im Auftrag des Landesamtes eine archäologische Fundstelle frei, ehe am 1. November die Bauarbeiten auf der Westtangente beginnen.
"Wir haben die Überreste alter Eisenschmelzöfen gefunden", erklärt Grabungsleiterin Grit Heßland. Fünf solcher Brennöfen sind gesichert, ein sechster wird vermutet. Aus welcher Zeit die Überreste alten Handwerks stammen, kann bislang niemand sagen. Die ersten Annahmen hießen 2. oder 3. Jahrhundert. Aus dieser Zeit stammen über 20 Brennöfen, die in Tinz gefunden wurden. Doch gebe es Anzeichen, dass die Schmelzöfen auf der Westtangente älter sind als die frühmittelalterliche Kaiserzeit. "Dann wäre das für Gera etwas Besonders", so die Grabungsleiterin. "Erst recht, wenn sie aus der späten Eisenzeit stammen sollten. Dann wäre Gera der einzige Fundort in Thüringen."
Auch wenn die Archäologie von Staats wegen vor der Bundesgartenschau rangiert, sollen die Grabungen den Bau der Westtangente nicht behindern. Der Straßenbau beginnt an verschiedenen Stellen. Der erste Bauabschnitt liegt zwischen Friedericistraße und Neuer Straße und umfasst auch den Ausbau der Neuen Straße zwischen Bahn-Brücke und Ebelingstraße. Bis zum 31. Mai 2005 soll der erste Bauabschnitt fertig sein. Parallel beginnt im ersten Quartal 2005 der zweite Bauabschnitt. Im September nächsten Jahres soll der Verkehr über die neue Westtangente rollen, damit die Stadionallee zurück gebaut werden kann.
Die Archäologen und Grabungshelfer sind noch voraussichtlich bis zum Jahresende zwischen Bahndamm und neuer Panndorfhalle am Werk. Die Überreste der Schmelzöfen sind zu bergen. "Das wird mit Kran in ein paar Wochen noch einmal richtig aufwändig." Einen soll später das Stadtmuseum erhalten. Alte Keramikscheiben und der vorgefundende Schlackehaufen sind zu sichern. "Daraus lassen sich Rückschlüsse auf das Alter der Öfen ziehen." Die Auswertung erfolgt jedoch erst am Anfang des nächsten Jahres. Vermisst werden noch Spuren einer Siedlung, die sich - so die Fachleute - in der Nähe der Arbeitsstätte befunden haben muss. Weitere Bagger-Suchschnitte in Richtung Ernst-Toller-Straße sind noch geplant.
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