otz-online am 22.04.05
Zukunftschancen für Familien diskutiert
Vertreter aus Kommunalpolitik, Sozialbereich, Wirtschaft und Wissenschaft im Gespräch Gera (S.B.). "Zukunftschancen für Familien. Was kann Kommunalpolitik leisten?" - zu diesem Thema hatten der Arbeitskreis Thüringer Familienorganisationen e.V. und die Landeszentrale für politische Bildung Thüringen am Mittwochabend in den Klub der Jugend und Sportler eingeladen.
Grundlage für die Podiumsdiskussion mit Vertretern aus Kommunalpolitik, Wirtschaft und Sozialbereich war eine Studie von Prof. Dr. Christiane Dienel von der Hochschule Magdeburg/Stendal. Die Sozialwissenschaftlerin hat darin Handlungsspielräume für Kommunen gegen den Abwanderungstrend aufgezeigt. Und u.a. am Beispiel einer Fallstudie zu Lingen im Emsland erläutert, was dort ein 1980 beschlossenes familienpolitisches Programm dagegen bewirkt hat. Mit Ermäßigungen bei Abwasser- und Müllabfuhrgebühr für Familien mit Kindern zum Beispiel und besonderen Maßnahmen zur Förderung des Wohneigentums.
Als wichtiges Ergebnis der Studie nannte sie die Erkenntnis: Es sei kommunalpolitisch kurzsichtig, in ein Industriegebiet zu investieren und nicht auf die "weichen" Standortfaktoren zu schauen.
Im Rahmen der bescheidenen Möglichkeiten investiere man in Gera sehr viel auf diesem Gebiet, so Bürgermeister Norbert Hein (CDU). Räumte aber auch ein, dass die Maßnahmen besser abgestimmt werden könnten. Dass die Stadt so schlecht gar nicht dastehe im Hinblick auf Familienpolitik, ist auch die Meinung von Barbara Queißner, Sprecherin der Kreisarbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände/Verwaltung. Man setzte sich durchaus dafür ein, dass konzeptionelle Arbeit eine Rolle spiele. Doch auch das Stimmungsbild sei wichtig. Und ob eine Schließung des Sommerbades wegen Karibischer Gärten sich hier positiv auswirke, sei fraglich.
Mit dem Betreuungsangebot in Kindereinrichtungen und den vielen Kommunikationszentren hätten die Stadt in der Vergangenheit familienpolitisch wuchern können, so Viola Schirneck vom Arbeitskreis Thüringer Familienorgansiationen. Familienpolitik muss ihrer Ansicht nach auf gleicher Augenhöhe wie die Buga stattfinden.
Das Positive auf diesem Gebiet, was Gera durchaus habe, werde nicht richtig vermarktet, so auch die Meinung der PDS-Landtagsabgeordneten Margit Jung. Immerhin habe man im Stadtrat erreicht, jede Vorlage mit einer "Familienfreundlichkeitsprüfung" zu versehen. Da könnten Verwaltung und Abgeordnete aber noch eine ganze Menge leisten. Dass für familienfreundliche Politik die Partnerschaft zwischen Kommune und Wirtschaft sicher ein Thema sei, auch finanziell, bestätigte die Geschäftsführerin des Bildungswerks der Thüringer Wirtschafte.V. Anette Morhard. Vor allem jungen Mädchen müsse man bessere berufliche Chancen schaffen.
Mit einer "Patentlösung" für familienfreundliche Kommunalpolitik - schließlich waren auch Sparzwang und Streichungen Thema gewesen - ging man freilich nicht auseinander. Aber möglicherweise mit der Erkenntnis, dass es in der Stadt durchaus Potenziale dafür gibt.
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