Kein kurzfristiger Hochwasserschutz in Gera-UntermhausDass Hochwasserschutz keine leichte und schnell zu bewerkstelligende Angelegenheit ist, wurde den Untermhäuser Einwohnern in einer Informationsveranstaltung bewusst.
Gera. Einen fachkundigen, aber laut Ortsteilbürgermeister Reinhard Schmalwasser „ernüchternden“ Vortrag bekamen die Untermhäuser Bürger und Unternehmer am Mittwochabend im Rathaussaal zu hören. Es ging um die Hochwasserschutzmaßnahmen im Bereich Untermhaus, vorrangig ab Untermhäuser Brücke flussabwärts. Auf Einladung des Ortsteilrates hatte die Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie (TLUG) Informationen zum Stand der Planungen geben wollen. Thomas Kleinert, TLUG-Gebietsreferent der Regionalbereiche Mitte und Ost und verantwortlich für den Wasserbau und damit auch für alle Hochwasserschutzeinrichtungen, sprach gemeinsam mit Ingenieur Matthias Köhler über die bereits abgeschlossenen hydraulischen Untersuchungen entlang der Weißen Elster.
Durch die Erarbeitung eines zweidimensionalen Abflussmodells unter Einbeziehung der bebauten Gebiete entlang des Flusslaufes hatten sie Lösungsvarianten für Hochwasserschutzbaumaßnahmen erarbeitet. „Unsere Vermessungsergebnisse haben wir auf den höchsten Wasserstand vom Juni 2013 ausgerichtet und noch einmal fünf Prozent dazugerechnet. So haben wir eine Richtzahl von 595 Kubikmeter Wasser, die wir für all unsere Simulationen für künftige Hochwasser annehmen“, erklärte er.
Da der Uferbereich beidseitig stark bebaut ist, habe man zahlreiche Engstellen, an denen das Wasser quasi eingekesselt würde. Die Schaffung ausreichend großer Ausweitungsflächen habe damit höchste Priorität. Dafür müsse auch über die Deichrückverlegung zwischen Untermhaus und Milbitz sowie eine Aufweitung des Uferbereiches zwischen Cubabrücke und gelber Pylonenbrücke flussabwärts nachgedacht werden. „Das kann nur durch den Rückbau der dortigen Kleingärten und den Abtrag des Geländes oberhalb der Pylonenbrücke erfolgen“, so Köhler.
Aus Sicht der TLUG-Experten ist die Kombination aus Deichrückverlegung, Schaffung von Retentionsflächen und Aufbau neuer Hochwasserschutzmauern die favorisierte Variante, die künftigen detaillierten Planungen zugrunde liegen müsste. Da jeder bauliche Eingriff an einer Stelle auch Auswirkungen an anderer Stelle haben könnte, müsse der gesamte Flusslauf im Blick behalten werden. Klar sei jedoch, dass, je größer Ausweichflächen geschaffen würden, desto weniger hohe Hochwasserschutzmauern beispielsweise im Bereich Am Kupferhammer, Höhe Netto-Markt, und bei der Schafwiesensiedlung gebaut werden müssten. „Wir müssen aufweiten, was geht. Wenn wir jedoch alle irgendwie bebauten Bereiche entlang der Weißen Elster unangetastet lassen wollen, erhalten wir nur 50 Prozent der eigentlich notwendigen Retentionsflächen“, so das Fazit von Thomas Kleinert.
An welcher Stelle zu welcher Zeit welche konkreten Schutzbauwerke entstehen werden, erfuhren die Untermhäuser von den Fachleuten allerdings nicht. Ehe überhaupt Bauarbeiten in den benannten Bereichen beginnen könnten, müssten jetzt erst die vorgeschlagenen Lösungen abgewogen und auf ihre Wirtschaftlichkeit überprüft werden. Planung und Ausschreibung würden dann europaweit laufen und allein das Genehmigungsverfahren könnte zwei, drei Jahre in Anspruch nehmen. Er hoffe trotzdem auf einen Start der Baumaßnahmen vor dem Ablauf der für Hochwassermaßnahmen üblicherweise veranschlagten Zehnjahresfrist, sagte Kleinert und kündigte weitere Einwohnerversammlungen in diesem Zeitraum an.
Kurzfristigen Hochwasserschutz gibt es nicht – das war die Botschaft, die die Untermhäuser mit nach Hause nehmen mussten. Die bereits bestehenden und wieder ertüchtigten Flutschutzanlagen wie Deiche und Dämme würden einen Hochwasserschutz trotz einiger Schwachstellen bieten. Einem halb so schweren Hochwasser wie 2013 müssten sie also standhalten, schätzt Fachingenieur Köhler ein. Für eine Übergangslösung bis zum Zeitpunkt, an dem die Baumaßnahmen ab Untermhäuser und Cubabrücke umgesetzt seien und 100-prozentigen Schutz garantieren würden, sei der Katastrophenschutzstab der Stadt Gera verantwortlich, gab Thomas Kleinert Verantwortung ab.
Sobald die schon laufenden Baumaßnahmen am Faulenzerweg und die ab 2016 in Höhe Tschaikowskistraße geplanten Arbeiten abgeschlossen seien, sei es bei einem möglichen Hochwasser schon sinnvoll, die vorhandenen mobilen Schutzelemente in Höhe Textimasteg/Heinrichsgrün einzusetzen, meinte er. „Hat unsere Stadt bereits jetzt einen funktionierenden Katastrophenschutzplan in der Schublade?“, fragte Ortsteilbürgermeister Schmalwasser in die Runde und sprach damit vielen aus dem Herzen. Das Angebot des TLUG-Regionalleiters Kleinert, der Stadt das erstellte Simulationsprogramm zur Verfügung zu stellen, fand er jedenfalls gut. So könnten die Menschen aus Untermhaus wenigstens schon einmal sehen, ob und ab welchem Elster-Pegelstand ihr Wohnbereich von einer Flut betroffen wäre.
Christine Schimmel / 22.05.15 /
OTZ