Antennengemeinschaft Untermhaus
James T. Kirk hat geschrieben:
Diese Anschlüsse sind seeehr preiswert aber auch seeehr schlecht ...
Für SoeMue:
Internet gibt es darüber bislang nicht und Tecosi als neuer Inhaber / Betreiber des Netzes (bislang war man ja "nur" der technische Dienstleister und die AGU hatte die Verantwortung) äußert sich bislang nicht zum Thema Internet. Das sind also offenbar Zukunftsplanungen für "irgendwann".
Die AGU entstand in den frühen 80er Jahren, als es die Leute in Untermhaus leid waren, Antennenungetüme (wie vorn in der Schafwiesenstraße, da war ein ganzes Dach voll, sah sehr geil aus) oder irgendwoher beschaffte hohe Masten (wie hinten in der Gagfah-Siedlung, auch sehr beeindruckend) aufzubauen, um Westfernsehen gucken zu können. Die Tallage war da nicht sonderlich ideal für. Oben auf dem Berg auf der Hammelburg war die Feldstärke schon in Bodennähe wesentlich höher. Also gründete man die Antennengemeinschaft, gab die üblichen Begründungen an (Einsparung von "volkswirtschaftlich wichtigem Material" durch Abbau der Antennen, Verbesserung des Fernsehempfangs von DDR 1, Ermöglichung des Fernsehempfangs von DDR 2) und legte los. Auf der Hammelburg
steht noch heute der Antennenmast, die UKW-Antennen baute der Herr Beyer von Tecosi angeblich selbst. TV-mäßig ging aus meiner Erinnerung neben DDR 1 und DDR 2 dann stabil ARD, ZDF und Bayerisches FS (alle vermutlich vom Ochsenkopf) sowie N3 (Torfhaus?). Damit waren die 6 Speichertasten auch voll, ein auch verglichen mit dem flachen Land in Westdeutschland damals respektables Angebot. UKW-mäßig reichte es für die DDR-Programme, für RIAS 1 und RIAS 2 (damals de-facto-Standard, aus Hof eingestrahlt), für Bayern 1, 2 und 3 und ab 5.9.1988 für Antenne Bayern (ich erinnere mich noch an die Zeit des Sendestarts), die kamen alle vom Ochsenkopf. Der NDR war dabei von Torfhaus, zumindest NDR 1, NDR 2 und vielleicht noch NDR 3. Der hr vom Hohen Meißner hatte schon etwas Mühe, die "Hitparade international" mit Werner Reinke war oft zu verrauscht zum Mitschneiden.
In der Wendezeit ergänzte man zunehmend Privat-TV via Satellit (RTL, Sat 1, ...) und ab 1994 führte man auch UKW durch eine selektive Kanalaufbereitung, womit fortan Fernempfänge nicht mehr möglich waren (nix mehr vom Berliner Fernsehturm, kein Ilmenauer Studentenradio mehr vom Kickelhahn), dafür aber zuerst N-Joy Radio auftauchte, da der Projektierer Blankom veraltete Parameter angab, es sollte eigentlich MDR Sputnik sein.
In den Jahren danach wurde die TV-Vielfalt auf ca. 40 analoge Programme ausgebaut, UKW bekam etliche via Satellit zugeführte Programme, darunter einige obskure (offenbar "Wunscheinspeisung") wie die regional völlig unüblichen WDR 2 und WDR 4. Digitales Satellitenradio (DSR) kam und ging Ende der 90er wieder, dann startete Digitalfernsehen im DVB-C-Standard. Zahlenmäßig war da vieles vorhanden, qualitativ war es oft grauslig. Analog-TV leidet unter veralteten Kabelstrecken und offenbar auch teils übersteuerten Verstärkern, UKW rauscht oft selbst auf den Programmen, die digital (also rauschfrei) von Satellit abgenommen werden. Selbst nahe an der "Wurzel" der Anlage ist UKW schlechter als ein Stück Draht für den terrestrischen Empfang der Ronneburger und Geraer Ortssender. Dafür ist es zumindest dort heute breitbandig bis 860 MHz - das ist respektabel. Das habe ich in vergleichbaren Anlagen schon ganz anders erlebt, z.B. in Jena, wo in der Innenstadt (Damenviertel, Landgrafenviertel) eine alte DDR-Anlage heute noch läuft - in Verantwortung von TeleColumbus und für 12 Euro / Monat.
Beachtlich ist in Untermhaus aber das derzeitige Digitalangebot (DVB-C), das unter den relativ alten Kabelstrecken erst einmal prinzipbedingt nicht leidet. Zumindest im Bereich Conradstraße konnte ich da volle Signalstärke und sehr gute Signalqualität nachweisen, das läuft alles stabil - was nicht heißt, daß das auf der anderen Seite der Elster genauso sein muß. Radio und TV holt man sich also am besten digital via DVB-C, im TV gibt es da auch faktisch alle Privaten unverschlüsselt, also kein Streß mit CI-Modulen und Karten wie bei Kabel Deutschland oder Telecolumbus. Sogar "kleinere" Programme sind aufgrund der Einspeisung auch obskurer Sat-Transponder drin, im Radiobereich bekommt man so auch egoFM (ein würdiger Nachfolger für das alte radio Top40) oder Sunshine Live in bestmöglicher Qualität, ohne sich mit UKW rumärgern zu müssen. Sky müßte auch weitgehend vollständig drin sein und selbst einen der HD+ Transponder hat man eingespeist - eine Anwendung, die eigentlich gar nicht vorgesehen ist. Mit einer HD+-Karte im CI+-Slot eines DVB-C-Receivers könnte das sogar funktionieren. Zeitweise bekam man sogar BBC-TV in HD frei und auch der private britische Anbieter ITV war dabei. Eingespeist wurde da offenbar, wie man gerade lustig war.
Aktuelle Kosten für Bestandskunden bei halbjährlicher Zahlungsweise: 4.50 EUR / Monat - das ist konkurrenzlos. Sieht aber so aus, als bliebe das nicht lange so und wäre das für Neukunden auch von Anfang an anders. Auf dem Anschreiben, das im September herumgeschickt wurde, stand ein etwas höherer Betrag. Heftig sind aber soweit ich mich erinnere (ich wohne eigentlich gar nicht mehr wirklich dort) die Einmalkosten beim Anschluß. Und Tecosi hat Vertragslaufzeiten von 3 Jahren angegeben, bei denen ich mir nichtmal sicher bin, ob die juristisch Bestand hätten.
Die AGU hat sich letztes Frühjahr altersbedingt aufgelöst und die Anlage an Tecosi abgegeben. Deshalb neue Verträge und Abschaltung der nicht weiterhin zahlungswilligen Kunden. Wie das im Einzelfall geschehen soll, weiß ich nicht. 1983 hatte man keine Hausübergabepunkte im heutigen Sinne vorgesehen, die Kabel kommen meist irgendwo vom Nachbarn und gehen direkt ins Wohnzimmer. Auch die Dose meiner Eltern wurde nie gewechselt, die ist noch original und hat zwei "Weibchen". Da läuft seit 2 Jahren ausschließlich Digital-TV über eingebauten Tuner, auch in HD. Absolut keine Probleme. Radiotechnisch habe ich eine dBox1 mit DVB2000 drauf angeschlossen - ebenfalls keine Probleme, ca. 80 Programme.
James T. Kirk hat geschrieben:
Und ob die Überleitung der Verträge der Antennengemeinschaft auf TECOSi positiv sein wird, darf auch noch vorsichtig bezweifelt werden.
Es ist tatsächlich unklar, was nun passieren wird. Bislang hat die AGU die Mitgliedsbeiträge festgelegt und nur soviel Erweiterung / Wartung beauftragt, wie Geld in der Kasse war. Tecosi hat nun faktisch freie Hand, selbst erweitern und zur Kasse bitten zu können. Ein erster Vorgeschmack dürfte die Verfahrensweise mit der Analogabschaltung am 30.4.2012 sein. Da viele der analog ausgekabelten TV-Programme auf der Hammelburg noch von analogen Sat-Transpondern abgenommen werden, gäbe es ohne Investition ab 1.5.2012 auf fast allen analogen TV-Kanälen kein Programm mehr. Man könnte nun auf digitales Heranholen und Reanalogisierung umrüsten, extra dafür gibt es inzwischen dank hochintegrierter Digitaltechnik vergleichsweise kostengünstige Lösungen, auch vom Haus- und Hoflieferanten Blankom aus Bad Blankenburg. Die
"Palios"-Kassette kann auf einen Schlag 8 digitale TV-Programme aus maximal 4 digitalen Satellitentranspondern auf 8 analoge Kabelkanäle umsetzen - und sie kann später sogar auf digitale Ausgangskanäle umgestellt werden, wenn die Nachfrage nach Analog-TV abnimmt.
Soweit mir bekannt, will Tecosi keine umfangreiche Reanalogisierung durchführen, sondern eine "Grundversorgung" mit analogem TV anbieten. Im Schreiben, das den angeschlossenen Haushalten zuging, stand etwas von ca. 6 Programmen. Das dürften dann ARD, ZDF, MDR, RTL, Sat1 und Pro7 oder irgendwas dieser Art sein. Mehr geht ab kommendem Frühjahr dann nicht mehr auf Röhren-Fernsehern, Flachbild-Fernsehern ohne eingebauten DVB-C-Tuner und auch nicht auf Video- und DVD-Recordern mit analogem Kabeltuner. Das ist aus qualitativer und technischer Sicht sehr verständlich, Analog-TV war in der Anlage nie von hoher Qualität (Streifenmuster, Grissel, ...) und auf Flachbildschirmen sieht Analog-TV immer grauenvoll aus. Ich ahne aber, daß vor allem Senioren oft noch ihre Röhrenkiste oder einen einfachen Flachbild-TV ohne DVB-C-Tuner haben und nicht neu investieren wollen. Mal sehen, wieviel Ärger es deshalb geben wird.
Dafür hat Tecosi angekündigt, DVB-T einspeisen zu wollen. Das ist eine überaus exotische Anwendung, DVB-T ist nicht für Kabelnetze vorgesehen und ist dort aufgrund des für terrestrischen (Mehrwege)empfang ausgelegten Fehlerschutzes reine Bandbreitenverschwendung, aber somit bekommt man immerhin 12 digitale TV-Programme in stark reduzierter (Auflösung, Schärfe) Qualität auf die angeschlossenen Fernseher, so sie einen DVB-T-Tuner besitzen. Das ist bei fast allen Flachbildfernsehern seit einigen Jahren der Fall. Bei der Einspeisung dürfte es sich nicht um neu generierte Pakete handeln, sondern um die, die in Gera ohnehin auch mit einem Stück Draht ordentlich zu empfangen sind (vom Standort "Milchstraße" oberhalb des alten Roschützer Rittergut-Schwimmbades). Also Das Erste, arte, Phoenix, EinsFestival, MDR Thüringen, rbb Brandenburg, Bayerisches FS, hr-Fernsehen, ZDF, 3sat, KiKa / ZDF neo, ZDF info. Letztlich würde dafür auch reichen, das Antennenkabel rauszuziehen und ein Stück Draht in den Fernseher zu stecken.
Spannend wird, was mit dem bereits heute umfangreichen Angebot an "echtem" digitalen Kabel-TV passieren wird. Werden die Privaten offen bleiben? Der Hinweis, man benötige einen Conax-tauglichen Receiver, läßt da nichts gutes erahnen, das könnte auf einen Pay-TV-Lösung vom
Kabelkiosk hindeuten. Für die Privaten in HD benötigt man bei offiziellem Weg aber nicht Conax, sondern NDS - und einen CI+-Slot, den neue Fernseher erst seit etwa einem Jahr haben. Wir werden abwarten müssen. Daß die öffentlich-rechtlichen alle digital wie bisher bleiben werden, davon gehe ich aus. Ob künftige (im Frühjahr 2012 startende) weitere HDTV-Programme der ARD eingespeist werden, ist mir noch unklar.
Auch UKW wird spannend, denn zahlreiche UKW-Radioprogramme werden über analoge Satelliten-Tonträger oder das ebenfalls einzustellende Astra Digital Radio (ADR) rangeholt, z.B. MDR Sputnik, NDR info, RTL, gewiß auch NDR 2 etc. Auch hier bestünde die Möglichkeit,
auf DVB als Zuführung umzusteigen. Aber ob Tecosi das machen wird, ist mir bis dato unklar.
Vor einem Jahr sah die Belegung bei der AGU übrigens
so aus.
Soviel zum Stand in Sachen Antennengemeinschaft Untermhaus.