otz-online am 19.08.05
4000 Jahre alte Scherben zeugen von Besiedlung
Stationen des archäologisch-geschichtlichen Wanderweges (4)
Von Sigrun Broschardt Bad Köstritz/Gleina. Gut möglich, dass er recht beliebt war bei seinen Schülern, der Lehrer Hugo Kretzsch aus Seifartsdorf. Immerhin hat er mit ihnen nicht nur Rechnen, Schreiben und Lesen gepaukt damals in den 20-er Jahren. Sondern sie auch an etwas sicher ganz Spannendem teilhaben lassen - seinen Ausgrabungen am Kolk.
Dieser teilweise bewaldete Höhenrücken südwestlich der Ortschaft Gleina ist eine weitere Station des geschichtlich-archäologischen Wanderweges, für dessen Entstehen Hartmut Aick, Hannes Rocktäschel und Karl Haase seit Monaten in Archiven und Bibliotheken intensive Nachforschungen anstellen (wir berichteten). Und als es um die Zechsteininsel am Kolk und den genauen Standort der Grabungen an der ersten untersuchten schnurkeramischen Siedlung Thüringens ging, haben sie sogar Hilfe bei einem Zeitzeugen gefunden. Der 81-jährige Gerhard Grübe aus Gleina, dem das Grundstück dort gehört, konnte den Männern die Stelle zeigen, an der Hugo Kretzsch und später unter anderem auch der damalige Köstritzer Bürgermeister Spieß in den Jahren nach 1925 fündig wurden. Verzierte und unverzierte Scherben, gebrannte Kalksteine, aber auch Beile, Knochenmeißel, durchbohrte Hundeeckzähne sowie u.a. sorgfältig bearbeitete Messer, Schaber und Kratzer hat man gefunden.
Gewissenhaft hat Hugo Kretzsch damals alle Funde in einem genauen Grabungsplan festgehalten und später, im Jahr 1961, alles der Universität in Jena übergeben. Prof. Peschel hat sie wissenschaftlich aufgearbeitet. Aus den Keramikscherben wurden an der Uni Gefäße rekonstruiert, die heute im Institut für Ur- und Frühgeschichte zu sehen sind.
Die Funde vom Kolk belegen, dass dieses Gebiet schon vor 4000 Jahren, im Neolithikum, besiedelt war. Einfache Wohngruben oder Hütten aus Ästen und Zweigen dürften dort gestanden haben. Die mit einem Schnurmuster versehene Keramik fertigten sie für ihren täglichen Gebrauch, werden die Wanderer später an einer Informationstafel erfahren.
Nach Hinweisen von Bauern, die Anfang des 20. Jahrhunderts bei Gleina ihre Felder bewirtschafteten, wurden aber noch weitere Funde gemacht am Kolk. So werden zwölf entdeckte Brandgräber, die sich in einer Tiefe von nur 40 bis 50 Zentimetern befanden, in die Jungbronzezeit 1500 vor Christi eingeordnet. Anhand von Knochenresten, den Überbleibseln der verbrannten Toten, die in meist doppelkegelförmigen Gefäßen beigesetzt wurden, konnte sogar herausgefunden werden: Die Menschen sind damals kaum älter als 40 Jahre geworden.
Bei ihren Nachforschungen zum Wanderweg stießen die drei Männer auch auf eine Sage, die sich um den Kolk rankt: Ein Schloss soll dort einmal gestanden haben. Gerhard Grübe kann sich sogar daran erinnern, dass in den 20-er Jahren Leute bearbeitete Steine von dort geholt und sie für den Hausbau verwendet haben. Aber beweisen konnte die Existenz des Schlosses bis heute niemand.
Für handfeste Beweise der Besiedlung des Gebietes dagegen hat Lehrer Kretzsch gesorgt. Ein Engagement, das ihm hoch anzurechnen ist. Denn er tat es als reines Hobby, in seiner Freizeit und ohne jegliche finanzielle Unterstützung...
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