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Jugendwerkhöfe in der DDR
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Seite 1 von 1

Autor:  pfiffikus [ So 18.Nov 2012 1:07 ]
Betreff des Beitrags:  Jugendwerkhöfe in der DDR

Vor einigen Monaten war Wahlkampf. Im Rahmen dieser Diskussion ging es auch ein wenig um die Jugendwerkhöfe.

viewtopic.php?p=49517#p49517

pfiffikus hat geschrieben:
jaja, bis vor 22 Jahren gab es für die allerschlimmsten Fälle den Jugendwerkhof. Zu derartigen Gewalttaten, wie sie heute in den U-Bahnen dieses Landes vorkommen, kam es damals nicht. Diese Täter sind ja zumeist keine unbeschriebenen Blätter. Und die hoffnungslosesten Fälle zogen eben damals ins Hummelshainer Schloss ein.

(Heute zählen diese Leute als Opfer des DDR-Regimes)



Pfiffikus,
der trotzdem feststellen muss, dass gemessen an der Anzahl von Jugendlichen nur sehr wenige dort eingewiesen werden mussten


strubbelmiez_1975 hat geschrieben:
jugendwerkhöfe :? dort landeten nicht nur die
Zitat:
allerschlimmsten Fälle
, wie ich hin und wieder mitbekommen musste. also für mich noch heute zweifelhaft.
aber zu heute eben ein riesen unterschied wie damals vorgegangen wurde und wie es heute abläuft


pfiffikus hat geschrieben:
strubbelmiez_1975 hat geschrieben:
jugendwerkhöfe :? dort landeten nicht nur die
Zitat:
allerschlimmsten Fälle
, wie ich hin und wieder mitbekommen musste. also für mich noch heute zweifelhaft.

Zweifelhaft - mag sein. Richtig ist ganz sicher, dass eine letzte Stufe gab, die die Spitze des Eisberges kappte. Ich bin mir auch relativ sicher, dass ein Wohnen im Jugendwerkhof manche Jugendlichen an einen geregelten Tageslauf gewöhnt wurden, den sie zu Hause mit ihren Eltern nicht so erlernen konnten. Es wurde ihnen eine Schul- oder Berufsausbildung zuteil. Und das müsste einigen von ihnen später einen Aufenthalt in der JVA erspart haben.

Dass die betroffenen Jugendlichen immer einsichtig waren und die Einweisung als gut und richtig empfanden, glaubt wahrscheinlich niemand von uns.

Ob die Stasi solche Einweisungen missbräuchlicherweise vornehmen ließ, um missliebige Familien unter Druck zu setzen, oder ob solche Dinge nicht vorkamen, dafür möchte ich meine Hand natürlich nicht ins Feuer legen.


Dass es in solchen Einrichtungen auch zu Übergriffen jeglicher Art gekommen sein dürfte, wird natürlich niemand abstreiten.


Pfiffikus,
der derartige Dinge sogar aus den allerchristlichsten Einrichtungen erfuhr



Inzwischen habe ich mir mal die Mühe gemacht, die Gedenkstätte in Torgau zu besuchen. Es wird dort sehr anschaulich geschildert, wie streng das Regime im Jugendwerkhof geführt worden ist. Den Jugendlichen wurde sogut wie keine Chance auf Individualität gelassen.

Thematisiert wird auch ausführlich, dass das Personal dieser Einrichtung keine oder nur ungenügende pädagogische Ausbildung genossen hatte. Dadurch muss es auch zu gewaltsamen Übergriffen auf die Jugendlichen gekommen sein.


Beim Rundgang durch das Haus stößt man auf solche Dokumente:
Dateianhang:
JWHTorgau9454.jpg
JWHTorgau9454.jpg [ 68.74 KiB | 2478-mal betrachtet ]


Die Jugendlichen wurden wegen diverser Delikte eingewiesen. Ein auch häufig zu lesender Grund für Einweisungen war das Schwänzen der Schule genannt. Die erste Einweisung erfolgte offensichtlich relativ wohnortnah. Für unseren Bezirk gab es Hummelshain. In diesen Höfen ging es offensichtlich relativ human zu. Aber Jugendliche, die dort noch Schwierigkeiten machten (beispielsweise aus diesen offenen Jugendwerkhof entwichen sind), schickte man nach Torgau, wo der Jugendwerkhof wie eine JVA gegen Entweichen gesichert war.


Pfiffikus,
der dort keine Anhaltspunkte fand, wie viele gewaltsame Übergriffe es gemessen an der Anzahl von über 4000 Jugendlichen gab

Autor:  untermhäuser [ So 18.Nov 2012 11:29 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Jugendwerkhöfe in der DDR

pfiffikus hat geschrieben:

Thematisiert wird auch ausführlich, dass das Personal dieser Einrichtung keine oder nur ungenügende pädagogische Ausbildung genossen hatte. Dadurch muss es auch zu gewaltsamen Übergriffen auf die Jugendlichen gekommen sein.




in den jugendwerkhöfen hat es nicht nur schläger und aufseher und pädagogisch ungeschultes personal gegeben. mein ehemaliger stabü-lehrer hatte, bevor er an unsere schule kam, mehrere jahre im jugendwerkhof gearbeitet. der herr b. war einer der besten lehrer, die ich jemals hatte: inhaltlich gut, autoritär und trotzdem zugänglich, hart, gerecht und humorvoll zugleich. im unterricht herrschte disziplin und eine sehr angenehme und offene lernatmosphäre. denkt mal an eure stabü-stunden, was es da mitunter für verbohrte lehrergenossen gab... ;-)

Autor:  strubbelmiez_1975 [ So 18.Nov 2012 12:43 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Jugendwerkhöfe in der DDR

pfiffikus: gewaltsame übergriffe auf kinder und jugendliche (oder überhaupt) sind m.E. unabhängig des vorhandenseins einer pädagogischen ausbildung verbreitet und verbreitet gewesen. ich würde es jedenfalls nicht davon ableiten, wie fachlich qualifiziert jemand war oder ist, sondern der persönlichen eignung. fachpersonal kann also (leider!) ebenfalls so reagieren,obwohl man aufgrund der ausbildung etwas anderes erwarten könnte/ sollte/ müsste...

Autor:  pfiffikus [ So 18.Nov 2012 17:30 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Jugendwerkhöfe in der DDR

Das steht für mich immer noch die Frage, ob es sich bei den über 4000 ehemaligen Insassen des Jugendwerkhofes in Torgau um Verfolgte des DDR-Regimes handelt, so wie sie dort dargestellt werden.


Pfiffikus,
der das stark bezweifeln will

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